Donnerstag, 4. Oktober 2007

Najera-Grañon

3. Oktober 2007. Die Nacht im grossen Schlafsaal war nur halb so schlimm, wie ich mir anfänglich vorgestellt hatte...Es war ausserordentlich ruhig...und fast keine Schnarchgeräusche...oder habe ICH vielleicht als einziger geschnarcht??? So habe ich mich heute morgen recht gut gefühlt und bin dann auch nach meinem reichhaltigen Frühstück gleich um 8h losgelaufen. Da ich nun praktisch meinen ganzen Proviant vom Mittag (Schinken, Käse und Brot) bereits zum Frühstück verzehrt hatte, schien mein Rucksack ziemlich leicht! Als ich dann vor die Unterkunft trat schien das Wetter nicht gerade freundlich gestimmt zu sein. Die Wolken hingen seeeehr tief und es hätte mich nicht gewundert, wenn gleich ein heftiger Regenschauer niederprasselte. Aber...Wer hätte das gedacht, ich kam fast 20km weit...ohne meinen Regenponche überzuziehen. Der Weg nach Azofra schien in dieser düsteren Morgen/Regenstimmung sehr trostlos. Es kam mir vor, als pilgere ich durch eine kahle Mondlandschaft. Rote, sehr klebrige Erde prägte den Weg und haftete wie Klebstoff an meinen Sohlen. Teilweise hatte ich das Gefühl auf "Plateauschuhen" zu gehen...Jetzt weiss ich dafür endlich, wie sich Frauen in solchen Schuhen fühlen müssen!!! Nach Azofra kam dann mehr und mehr Nebel auf und zeitweise sah ich kaum 50m. Die Stille und der mich umwehende Nebel verbreitete eine angenehme Stimmung. Irgendwie fühlte ich mich gut aufgehoben. Die Landschaft um mich herum schien mich zu beschützen. Der Weg führte weiter über wohlgeformte liebliche Hügel. Die vielen Weizenfelder am Wegrand mussten noch nicht lange abegemäht worden sein. Teilweise lag noch das Stroh am Boden...oder es türmten sich riesige Strohballenberge auf den Äckern auf...Es war ein schöne Stimmung. Plötzlich stand ich vor einer neuangelegten Golflandschaft (mitten in der Pampa!!!), die noch nicht lange erstellt sein musste. Ringsherum wurde rege gebaut und die Mehrfamilienhäuser und Villen schossen regelrecht aus dem Boden. Hier, in der Region "Rioja alto" wurde wohl für die besserverdienenden Spanier gebaut. Mir kam es vor, als würde eine neue Stadt aus dem Nichts gezaubert. Ich war froh, dass der Weg weiterging und ich bald wieder auf freiem Feld gehen konnte. Bald darauf fing es an zu regnen und ich durfte doch noch meinen Regenponcho aus den Tiefen meines Rucksackes hervornehmen. In strömendem Regen betrat ich dann Sto. Domingo, wo ich erstmal eine Pause einlegte. Der Besuch in der Kathedrale durfte da auf keinen Fall vergessen gehen. Denn da gab es etwas ganz Besonderes zu sehen....Ein Hahn mit seinen Hühnern in einem speziellen Käfig über den Kirchenbänken! Hat man je schon mal so etws gehört gescheige gesehen?!...Der Besuch im Musuem gleich neben der Kathedrale war ebenfalls sehr lohnenswert. Um 13h begab ich mich dann auf meine letzten Kilometer nach Grañon. Dieser Weg war nicht gerade angenehm. Meistens führte der Weg entlang einer stark befahrenen Hauptstrasse (keine Angst auf einem angrenzenden Weg) Und ich war heilfroh nicht auf der Strasse gehen zu müssen. Die Lastwagen führen da wie die Wilden in kaum 3m-Abständen hintereinander her...und nicht gerade in langsamer Geschwindigkeit...Wenn da einer hätte bremsen müssen...gar nicht auszudenken was da passiert wäre! Bereits um 15h erreichte ich meine Wunschherberge in Grañon. Vielfach wurde mir dieser Ort empfohlen...und es hatte sich wirklich sehr gelohnt. Über den Kirchturm gelangte ich in eine gemütliche und wohnliche Herberge mit überaus lieben Leuten. Nach und nach trafen weitere Pilger ein (die Einen kannte ich schon...andere lernte ich neu kennen). Vor dem Abendessen besuchten wir die Messe in der angrenzenden Kirche. Das Abendessen wurde anschliessend gemeinsam an einem grossen Tisch eingenommen. Nach dem mittelgrossen Abwasch (für 15 Personen) kehrten wir nochmals in die Kirche zurück und feierten gemeinsam bei Kerzenlicht einen besinnlichen Tagesabschluss. Jeder konnte dabei in seiner Sprache einen Teil der Fürbitte beitragen...es war sehr schön! Mit Matthias, den ich gestern auf dem Weg kennengelernt und heute hier wieder getroffen hatte stimmte ich am Ende noch ein paar Taize-Lieder an. Mit diesen Klängen verabschiedeten wir uns persönlich vom heutigen Tag, der jeden von uns wieder ein kleines Stück auf unserem Camino weitergebracht hatte. In kleinem und gemütlichen Rahmen genoss ich diesen Abend sehr. Nach einem gemütlichen Glas Wein wurde dann um 22h endgültig das Licht ausgemacht und jeder schlüpfte in seinen weichen Schlafsack...

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